Beschreibung
Im Februar 2022 erleben die Ukrainer die größte Invasion seit dem Einmarsch der Wehrmacht im Jahr 1941. Erneut stehen ausländische Truppen vor Kyjiw, vor Charkiw, vor Saporishshja und am Dnipro. Wie 81 Jahre zuvor sind große Teile der Ukraine besetzt, nun von einer russischen Invasionsarmee. Der Eroberungsfeldzug gleicht jenem aus dem Zweiten Weltkrieg, als dessen Fortsetzung er sich ausgibt, als notwendige „Entnazifizierung“ der Ukraine durch Besatzung, Unterwerfung und Annexion. Dass die Ukraine als souveräner Staat auch knapp drei Jahre später noch existiert, verdankt sie dem Durchhaltevermögen und Widerstandswillen ihrer Bevölkerung sowie der militärischen und politischen Unterstützung vor allem durch den globalen Westen. Vor diesem Hintergrund wird auch Literatur neu befragt: Welchen Stellenwert kann das Schreiben in Kriegszeiten haben? Muss sie sich als Instrument der kulturellen Kriegsführung rechtfertigen? Arbeitet sie gegen den Prozess des Abstumpfens an, der unweigerlich eintritt, wenn sich die Zeitungsberichte in ihrer Beschreibung von wiederkehrendem Tod und Leid zu gleichen beginnen? Oder wirkt sie nach innen, erzeugt Gemeinschaft unter und mit jenen, die am eigenen Leibe erlebt haben, was die Texte über den Krieg zur Sprache bringen? Die Texte dieses Bandes zeigen, dass die ukrainische Literatur nicht verstummt ist, dass sie die Aufgaben an-nimmt, die jetzt an sie gestellt werden, dass sie es aufnimmt mit dem verstörenden Stoff einer Wirklichkeit der Gewalt. Indem sie sich der Sprachlosigkeit verweigert, zeigt sie, dass sie nach wie vor lebendig ist. Diese Anthologie dient als Ausweis dieser Tatsache, aber ebenso als Erinnerung an jene Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die in diesem Krieg ums Leben gekommen und verstummt sind. Ihre Worte hingegen werden bleiben.
Wiedergeburt in Waffen
Die ukrainische Literatur nach der Invasion
Christian-Daniel Strauch
Oksana Molderf (Hrsg.)
Edition Hamouda, Leipzig, 2025
ISBN 978-3-95817-148-0 [D] 18,00 €
Seiten: 357